Steinbruch Albersweiler

Karge Landschaft als Lebensraum

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  • Steinbruch Albersweiler (Foto: Himmler)
  • Wechselkröte (Bufo viridis), (Foto: F. Thomas)
  • Steinbruch Albersweiler (Foto: Himmler)
  • Ackerlöwenmaul (Antirrhinum orontium), (Foto: Himmler)

Der Steinbruch Albersweiler am Ostrand des Pfälzerwaldes bei Landau nimmt lediglich 15 ha ein. Vor­übergehend ungenutzte Bereiche weist er nicht auf; dementsprechend spärlich sind die Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Und dennoch erfüllt auch diese Abbaustätte besondere Funktionen für heimische Arten. 

Amphibien der Kleingewässer

Der Tagebau weist auf der Sohle und den Rampen mehrere Kleingewässer auf. Sie werden zur Beregnung der Fahrwege und Halden genutzt, was im Steinbruch Albersweiler wegen des direkten Angrenzens einer öffentlichen Straße und der Siedlungsnähe besonders wichtig ist. Teilweise werden die Tümpel ausschließlich von Regenwasser gespeist. Dann sind sie trüb, unbewachsen und trocknen nach einigen Tagen niederschlagsfreier Witterung aus.

Einige Tümpel haben sich aber auch am Fuß von Abbauwänden mit Grundwasseraustritten gebildet. Der Zustrom ist sehr schwach, aber er versiegt selten, sodass diese Tümpel auch nach mehreren Wochen ohne Regen immer noch Wasser führen. Ihretwegen ist der Steinbruch Albersweiler ein regional bedeutender Amphibienlebensraum. Das Charaktertier der Abbaustätten, die Gelbbauch­unke (Bombinia variegata), gibt es auch hier. In weitem Umkreis ist keines der früher zahlreichen Vorkommen mehr bekannt. In der Umgebung des Steinbruchs stehen Sedimente des Rotliegend an, die von der Buntsandsteinplatte des Pfälzerwaldes überlagert werden.

An der Schichtgrenze gibt es zahllose Sickerquellen, deren Wasser auf den Lehmböden über dem Rotliegend Tümpel bildete. Sie sind heute entwässert, verfüllt oder dicht von Gehölzen überwachsen. Nur in den von Grundwasser gespeisten Tümpeln des Steinbruchs Albersweiler hat ein Restbestand überdauert. Mit der Kreuzkröte (Bufo calamita) und der Wechselkröte (Bufo viridis) leben zwei weitere bundesweit bedrohte Amphibienarten im Steinbruch. 

Beide sind auf flache, kurzlebige Tümpel als Laichgewässer und trockenes Offenland als Jahreslebensräume spezialisiert, wenngleich ihre Hauptareale in entgegengesetzten Teilen Europas liegen. Die Kreuzkröte ist hauptsächlich in Westeuropa und den Ebenen südlich von Nord- und Ostsee verbreitet, die Wechselkröte im Osten bis weit nach Asien hinein.

Südwestdeutschland bildet einen isolierten Vorposten des Areals. Die ursprünglichen Lebensräume der Kreuzkröte sind Wildflusslandschaften, wo ablaufende Hochwässer zwischen den Sand- und Kiesbänken Tümpel hinterlassen. Die Wechselkröte besiedelt ursprünglich Steppen, in denen sich im Frühjahr weite, flache Seen bilden. Außerhalb der Laichzeit brauchen sie beide keine Feuchtigkeit und kämen mit der „Kultursteppe“ gut zurecht, wenn es dort mehr Laichgewässer gäbe. Der Steinbruch Albersweiler erfüllt beiden Arten alle Habitatansprüche. Die Wechselkröte ist zahlreich, die Kreuzkröte hingegen nur einzeln vorhanden.

Weitere Tiere

Der Steinbruch Albersweiler ist in den vielfältigen Übergangsbereich vom südpfälzischen Weinbaugebiet zum Pfälzerwald eingebettet. Einige der Tierarten, die in den teils unmittelbar angrenzenden Naturschutzgebieten bewahrt werden sollen, besiedeln auch die Abbaustätte.

Zahlreich ist hier die Mauereidechse (Podacris muralis) vertreten. Der pfälzische Haardtrand zählt zu den wenigen Gebieten Mitteleuropas, in denen die Mauereidechse vergleichsweise häufig vorkommt; in neuerer Zeit scheint sie sich noch weiter auszubreiten.

Die Mauereidechse ist stärker als die anderen heimischen Reptilien an kahle, besonnte Gesteinsflächen gebunden, um sich aufzuheizen. Solche Stätten bieten aber keine Nahrung. Hierzu braucht die Mauereidechse Stellen mit Pflanzenwuchs, die jedoch recht klein sein können. Grabbares Substrat ist schließlich zur Eiablage wichtig. Die höchste Dichte erreicht die Mauereidechse im Steinbruch Albersweiler an den Rändern der Rampen, wo Steinblöcke gegen Absturz sichern.

Die Mauereidechse ermöglicht im Steinbruch Albers­weiler als Nahrungsgrundlage das Vorkommen der Schlingnatter (Coronella austriaca). Diese mit normalerweise höchstens 60–70 cm Länge kleine Schlangenart ernährt sich hauptsächlich von anderen Reptilien.

Der Steinbruch wäre allein viel zu klein für eine dauerhaft stabile Schlingnatter-Population, doch mit den umgebenden Flächen zusammen bildet er einen günstigen Lebensraum. Am Westrand des Steinbruchs wurden zur Vorbereitung des weiteren Abbaues der Oberboden abgeschoben und der Fels freigelegt.

Hier hat sich ein schütterer Felsrasen gebildet. Solche Lebensräume waren im 19. Jahrhundert um Albersweiler weitverbreitet; inzwischen sind sie fast verschwunden. Als charakteristische Heuschreckenart solcher Extrem­biotope kommt hier der bundesweit gefährdete Steppengrashüpfer vor. Angrenzende Schlehenbüsche sind Niststätten mehrerer Neuntöter-Paare.

Pflanzen

Der Steinbruch Albersweiler ist größtenteils unbewachsen. Nur an den Rändern gibt es einen flächigen Pflanzenwuchs; hier breiten sich teilweise Ginstergebüsche mit der Büschel-Nelke (Dianthus armeria) als charakteristische Begleitart aus. Auch das für südwestdeutsche Silikatgebiete typische Berg-Sandglöckchen (Jasione montana) hat sich hier angesiedelt. Beide Arten kommen auch im Felsrasen am Westrand des Steinbruchs vor; aspektbestimmend sind hier im Frühjahr der Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis) und im Frühsommer der Ausdauernde Knäuel (Scleranthus perennis).

Wo sich am bergseitigen Rand von Rampen Verwitterungsschutt von Rotliegend-Sedimenten ansammelt, die in den oberen Teilen des Steinbruchs anstehen, siedelt stellenweise eine bemerkenswerte Pionierflora. Als Charakterart silikatischer Gesteinsschutthalden in der Westhälfte Deutschlands ist hier der Gelbe Hohlzahn (Galeopsis segetum) häufig. Ebenfalls zu Hunderten wächst hier das in ganz Deutschland gefährdete Acker-Löwenmaul (Misopates orontium).

Wie der Name schon zeigt, ist es eines jener „klassischen“ Ackerwildkräuter wie Kornrade oder Rittersporn, die durch die Intensivierung des Ackerbaues verschwinden. In der weiteren Umgebung von Albersweiler hat sich die Stilllegung der ertragsschwachen Äcker an den flachgründigen Hängen mindestens ebenso nachteilig ausgewirkt. Das Löwenmaul braucht den Acker an sich nicht, es ist aber darauf angewiesen, dass der Boden locker und die Pflanzendecke offen bleibt. Diese Anforderungen sind auf den Feinmaterialansammlungen am Fuß der Steinbruchwand erfüllt. Der Bestand im Steinbruch Albersweiler ist in der Südpfalz der größte.

Zusammenfassende Beurteilung

Ein kleiner Steinbruch wie jener in Albersweiler bietet naturgemäß nur wenige Nischen für seltene Pflanzen und Tiere. Aber selbst ein solch kleiner Tagebau, in dem jede nutzbare Fläche tatsächlich auch beansprucht wird, eignet sich als Rückzugsstätte für einige seltene Arten, die in der heutigen Kulturlandschaft weitgehend verschwunden sind.

Immerhin sind sechs Rote-Liste-Arten vertreten, vier davon sind in der Umgebung nicht vorhanden und auf den Steinbruch beschränkt. Sie bilden hier selbstständig lebensfähige Populationen. Mit wenig Aufwand und ohne Behinderung der Rohstoffgewinnung kann gewährleistet werden, dass der Tagebau die Lebensraumfunktion auch weiterhin erfüllt.

Der Autor

Heiko Himmler
Dipl.-Geograf

geboren 1963, studierte in Mannheim und Heidelberg Geografie, Geologie und Biologie, parallel dazu war er als freier Journalist tätig. Seit 1990 ist er beim Institut für Umweltstudien Weibel & Ness GmbH (IUS) beschäftigt. Landschaftspflegerische Fachplanungen für Abbaustätten zählen zu den Kernaufgaben des Unternehmens. Himmlers thematische Schwerpunkte liegen in den Bereichen (Vegetations-)Ökologie und Naturschutz.

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