Buhlenberg

Vom ehemaligen Abbau zur beeindruckenden Unterwasserwelt – Entwicklung eines Sohlengewässers in den letzten 40 Jahren

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Das Gesteinsvorkommen von Buhlenberg befindet sich im Naturraum Saar-Nahe-Bergland in einem Abschnitt der großen permokarbonischen Saar-Saale-Senke, die sich von der Saar über die Nahe und die Wetterau bis nach Thüringen zur Saale und Elbe erstreckt.

Die Vielzahl der Gesteine, ihre bunte Lagerung sowie ihre unterschiedliche Widerstandsfähigkeit bedingen den Abwechslungsreichtum der Oberflächenformen.

Im Steinbruch Buhlenberg wurde das magmatische Eruptivgestein Porphyrit mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Latit unter dem Handelsnamen Melaphyr abgebaut – das umgangssprachlich auch Kuselit genannt wird.

Auf Gesteinsabbau folgt

Renaturierung

Der Geologe August Leppla erwähnte den Steinbruch Buhlenberg bereits Ende des 19. Jahrhunderts:

„Unter den Eruptivgesteinen hat man von dem Bronzitporphyrit am Litzelkopf bei Buhlenberg lange Zeit Pflastersteine und Kleinschlag hergestellt“ (GREBE & LEPPLA 1898). Im Jahre 1938 fasste die Firma Kirner Hartsteinwerke Fuß in Buhlenberg, die 1965 von der Firma Basalt AG übernommen wurde.

Das Werk wurde Zug um Zug ausgebaut und denMarktanforderungen angepasst. Im Jahre 1982 wurde der Gesteinsabbau jedoch endgültig eingestellt und die Renaturierung bzw. Rekultivierung begann. Damals war das Wissen über die Wertigkeit von vegetationsarmen Rohbodenflächen noch nicht so weit verbreitet und das Landschaftsbild wurde stärker in den Fokus gerückt, sodass die anschließende Aufforstung von stillgelegten Betrieben in den meisten Rekultivierungsplänen festgeschrieben wurde – so auch in Buhlenberg.

In einem internen Erläuterungsbericht vom 10.01.1979 der Basalt AG wurde folgendes Ziel der geplanten Rekultivierung festgehalten: „Die Rekultivierung hat das Ziel, die einzelnen Abbau- und Betriebsflächen so bald wie möglich wieder in einen kulturfähigen Zustand zu bringen und das gesamte durch den Abbau veränderte Gelände wieder harmonisch in die Landschaft einzugliedern. Für die Aufforstung sind standortgerechte Pflanzen nach Empfehlung des zuständigen Forstamtes vorgesehen.“ Daneben sollte das Sohlengewässer erhalten bleiben

Fokus Unterwasserwelt

In der letzten Ausgabe der Broschüre „Lebensräume“ wurde in dem Betrag „Buhlenberg & Forst – eine Momentaufnahme aus zwei stillgelegten Steinbrüchen“ (SCHLEICH et al. 2020) insbesondere über die terrestrische Artenvielfalt berichtet. In diesem Beitrag richtet sich der Blick nun auf die Unterwasserwelt und was sich in den letzten 40 Jahren dort selbstständig und durch menschliches Wirken angesiedelt hat.

Erste Eindrücke aquatischen Lebens gelingen in Buhlenberg bereits vom Ufer aus: Größere Schwärme unterschiedlicher Fischarten kommen im türkisfarbenen Wasser neugierig angeschwommen – in der Hoffnung, gefüttert zu werden.

Im Gegensatz zu den Offenlandhabitaten sind in Abbaugebieten – insbesondere von Hartgestein – die größeren (Sohlen-)Gewässer mittelfristig nicht von Sukzession bedroht, da hier meist nur wenig Nährstoffe zur Verfügung stehen. Damit geht allerdings auch ein geringes Nahrungsangebot einher. Insbesondere Fische können sich dann schnell daran gewöhnen, gefüttert zu werden und verlieren weitgehend ihre natürliche Scheu.

Aquatisches Leben in einem 40 Jahre alten Sohlengewässer

Einen besonderen Eindruck der Unterwasserwelt und ihrer Bewohner erhält man allerdings erst unter Wasser. Für diesen Einblick stellte uns Herr Werner Lamberti Fotos von seinen Tauchgängen zur Verfügung.

Was muss es für ein beeindruckendes Gefühl und vielleicht schon etwas unheimlich sein, wenn man am Grunde des tiefen Sohlengewässers umgeben von hohen Felswänden, abgestorbenen Bäumen und Totholz plötzlich von einem fast zwei Meter langen Stör (Acipenser spec.) umschwommen wird, welcher neugierig seine Bahnen in wenigen Metern Entfernung zieht?

Ein Blick in die andere Richtung zeigt einen weiteren urtümlichen Anblick: Die Süßwasserqualle (Craspedacusta sowerbii) treibt fast schwerelos im Wasser und erinnert eher an den Urlaubstauchgang im Meer. Diese Qualle, auch als Süßwassermeduse bezeichnet, ist mittlerweile weltweit mit Ausnahme der Antarktis verbreitet. Die Süßwasserqualle hat mit ca. 99,3 % den höchsten bei Tieren festgestellten Wassergehalt (LUDWIG 2003) und erreicht einen Durchmesser von 2,5 cm. Für den Menschen ist sie trotz der über 600 nesselbesetzten Tentakel völlig ungefährlich und wird in Deutschland als eher harmloser Neozoen betrachtet. Daneben zeugen alte Schilder auf dem Grund des Gewässers noch von den damaligen Abbautätigkeiten.

Fischvorkommen meist von Menschenhand erschaffen

Unterwasser lassen sich jedoch auch farbenfrohe Fische entdecken, wie die hier eingesetzten weißen und orangefarbenen Kois. Diese Fischart ist eine Zuchtform des Karpfens (Cyprinus carpio). Sie erinnern an riesige Goldfische, welche aber höchstwahrscheinlich als Zuchtform des Giebels (Carassius gibelio) entstanden sind.

Neben den bereits genannten gebietsfremden Arten besiedeln auch Fische das Gewässer, die zu den heimischen Arten gezählt werden, so Aal (Anguilla anguilla), Bachforelle (Salmo trutta forma fario), Brasse (Abramis brama), Flussbarsch (Perca fluviatilis), Spiegel- und Schuppenkarpfen (Cyprinus carpio), Rotauge (Rutilus rutilus), Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus) sowie der Gründling (Gobio gobio), der sich ausschließlich auf dem Gewässergrund aufhält.

Abb. links: Der Flussbarsch zählt neben dem Aal zu den einzigen klassischen Raubfischarten im Gewässer.
Abb. rechts:  Karpfen durchwühlen und suchen den Gewässerboden nach Nahrung ab.

Abb links: Das Rotauge zählt zu den Friedfrischen, nimmt neben pflanzlicher aber auch tierische Nahrung auf.
Abb. rechts: Der Gründling hält sich die meiste Zeit seines Lebens am Gewässergrund auf .

Die Fortpflanzung der Fische scheint gesichert, so fanden sich bei den wenigen Wasserpflanzen oder um Totholz gewickelt einige Laichschnüre von Fischen, wie bspw. vom Flussbarsch.

Hierbei ist jedoch anzumerken, dass es sich bei den meisten Arten um nicht heimische und durch den Menschen eingesetzte Arten handelt. Auf natürliche Weise werden Gewässer in Abbaugebieten durch Fische eher selten besiedelt (z. B. durch Einbringung von Eiern durch Wasservögel). Ein Fischbesatz in Abbaugebieten stellt jedoch eine große Gefährdung für die sehr seltenen Pionieramphibien dar, die hier meist ihre letzten Rückzugsorte finden. Von gezieltem Aussetzen von Fischen sollte künftig in solchen wertvollen Gewässern Abstand genommen werden.

Neben den zahlreichen Fischen finden sich im Gewässer auch Larven der drei vorkommenden Amphibienarten Grasfrosch (Rana temporaria), Erdkröte (Bufo bufo) und Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans). Jedoch ist die Erdkröte die einzige der drei Arten, die im großen Sohlengewässer aufgrund ihrer verschiedenen Abwehrmechanismen von den Fischen im Larvenstadium als Nahrung gemieden wird.

Insbesondere während der Paarungszeit kann man auch adulte Erdkröten unter Wasser entdecken. Die beiden anderen Amphibienarten haben hier kaum eine Chance, die Metamorphose zu erreichen. Sie bevorzugen eher die abgegrenzten Flachwasserbereiche sowie Wasserbereiche mit viel Struktur und Versteckplätzen zum Ablaichen und als Lebensraum für die Kaulquappen. Erdkröte und Grasfrosch sind im Saar-Nahe-Bergland noch weit verbreitet, die Geburtshelferkröte kommt neben dem stillgelegten Steinbruch Buhlenberg aktuell nur noch an drei weiteren Stellen im Landkreis Birkenfeld vor.

Wieder zurück an der Wasseroberfläche ist in Buhlenberg öfter eine weitere eingewanderte und gebietsfremde Art zu entdecken, die häufig auch den Fischen das Futter streitig macht: die Kanadagans (Branta canadensis).

Eindringling Mensch

Leider ziehen solche abgelegenen Orte viele Erholungssuchende und auch Schwarzangler an (vgl. SCHLEICH et al. 2020). So erlag der oben beschriebene Stör im letzten Jahr leider seinen Verletzungen, nachdem er vermutlich von einer Angelschnur abgerissen ist und Verletzungen im Mundbereich aufwies.

Wir danken insbesondere Herrn Werner Lamberti für die Fotos seiner Tauchgänge, die er für diesen Beitrag zur Verfügung stellte.

Quellen

  • GREBE, H. und LEPPLA, A. (1898)
  • LUDWIG, H. W. (2003)
  • SCHLEICH, S., RENKER, C., JÄCKEL, K. (2020)
  • Fritz Baumann
  • Werner Lamberti
  • Sascha Schleich

Der Autor

Fritz Baumann
geb. 1934 , Dipl. Ing.


Bergmännische Ausbildung von 1951–1960 mit Abschluss als Dipl.

Ing. an der Fachhochschule für Bergbau, Steine und Erden in Siegen.

Von 1961–1997 Betriebsleiter bei der Firma Kirner Hartsteinwerke bzw. Südwestdeutsche Hartsteinwerke (BAG), später Fachkraft für Arbeitssicherheit und Leiter der Liegenschaftsabteilung, Arbeitsschwerpunkt: Abbau und Rekultivierungsplanung.

Der Autor

Sascha Schleich
geb. 1985, bFa – Schleich Büro für Freilanderfassung & Artenschutz


Von 2004 – Mitte 2019 bei der Basalt-Actien-Gesellschaft – Südwestdeutsche Hartsteinwerke (SHW) in der IT-Abteilung beschäftigt.

Ab Mitte 2019 freiberuflich im Natur- und Artenschutz als Gutachter (u. a. für naturschutzrechtliche Eingriffsregelung) sowie der ökologischen und umweltfachlichen Bauüberwachung tätig (nebenberuflich bereits seit 2009). Seit 2010 ehrenamtlich im Sprechergremium des NABU Bundesfachausschusses Feldherpetologie & Ichthyofaunistik sowie Leiter des Arbeitskreises Nahetal der GNOR.