Smaragdeidechse

„Raschler“ im Gebüsch – was steckt dahinter?

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Ein auffälliger „Raschler“ zwischen dem Rand eines unbefestigten Weges und einem niedrigen Brombeergestrüpp am Steinbruchrand. Überraschend und unerwartet. Was war das, was in den Schutz des Gestrüpps vor der Annäherung des Beobachters flüchtete? Vermutlich keine der hier im Steinbruch zahlreich vorkommenden Mauereidechsen, da diese aufgrund ihrer geringen Körpergröße kaum einen so auffälligen „Raschler“ auslösen könnten. War es eine Schlingnatter? Diese Schlangenart konnte hier bei den bisherigen Begehungen noch nicht nachgewiesen werden, aber die Biotopstruktur und die vergleichsweise hohe Zahl der als Beute bevorzugten Mauereidechsen ließ erwarten, dass Schlingnattern hier vorkommen würden.

Dem Rascheln auf der Spur

Trotz Abwarten, dann vorsichtiger Annäherung und Nachsuche gelang es nicht, zu erkennen, welche Tierart den auffälligen „Raschler“ ausgelöst hatte. Statt Reptilien als Verursacher wäre auch die Flucht eines Vogels oder Säugetiers denkbar. Beim Registrieren des „Raschlers“ war die Aufmerksamkeit des Beobachters auf die Erfassung von Vogelrevieren in den weiter südlich gelegenen Randbereichen des Steinbruchs gerichtet. Daher wurde das auffällige Rascheln nur gehört, aber nichts gesehen, was einen Hinweis auf den Verursacher geben könnte.

Später wurde der Bereich noch einmal begangen. Die Annäherung erfolgte dabei besonders vorsichtig und die Aufmerksamkeit war auf den Randbereich des Weges und das angrenzende Brombeergestrüpp fokussiert. Wieder ein „Raschler“! Und vor dem Rascheln war diesmal eindeutig erkennbar, dass hier eine Eidechse flüchtete. Die Flucht der Echse erfolgte vom Rand des Brombeergestrüpps ins Gestrüpp und wurde aus ca. sieben Meter Entfernung beobachtet. Auffällig grün war die vergleichsweise große Eidechse gefärbt. War das eine Zauneidechse? Zauneidechsen waren bislang nicht hier, aber im Umfeld des Steinbruchs bereits bei früheren Begehungen registriert worden. Sie bevorzugen andere Teilgebiete und sind dort erheblich seltener als Mauereidechsen. Oder war es gar eine Smaragdeidechse? Dies konnte nicht geklärt werden, da am Beobachtungstag trotz weiterer Nachsuche keine Sichtungen mehr gelangen.

Mindestens drei Smaragdeidechsen Lacerta bilineata

Wenige Tage später erfolgte ein weiterer Erfassungsdurchgang. Natürlich mit dem vorrangigen Ziel zu klären, zu welcher Eidechsenart der grüne „Raschler“ zählt. Die Kartierung erfolgte dabei synchron durch zwei Erfasser. Dabei bestätigte sich das Vorkommen der Westlichen Smaragdeidechse im Randbereich und Umfeld des Steinbruchs. Dieses Vorkommen war den Vertretern des behördlichen und privaten Naturschutzes bislang unbekannt. Jedoch grenzt es an ein bekanntes rheinland-pfälzisches Vorkommen der Smaragdeidechse an. Von diesem sehr erfolgreichen Erfassungsdurchgang wurde wie folgt per Mail berichtet:



Hallo in die Runde,

hier eine kurze Zusammenfassung unserer gestrigen Begehung des Steinbruchs und seines Umfelds bezüglich der Smaragdeidechse.

Wir konnten insgesamt 3 Smaragdeidechsen beobachten. Ein Fundpunkt liegt in der Nähe, wo die erste Registrierung eines „Raschlers“ erfolgte, sodass angenommen werden kann, dass es sich um das gleiche Tier handelt. Ein subadultes Tier konnten wir an einem Wegrand etwas nordwestlich des Steinbruchs nachweisen. Das dritte Tier war im Südwesten nachweisbar.

Da alle Tiere sehr scheu waren (sind superschnell und haben hohe Fluchtdistanzen im Vergleich zu den übrigen heimischen Arten) und trotz wiederholter Nachsuche nicht mehr an den Fundstellen aufgetaucht sind, war uns ein Fotobeleg leider verwehrt.

Die Fundpunkte haben gemeinsam, dass sie an südlich bis südwestlich exponierten Böschungen gemacht wurden, die entweder an der Oberkannte verbuscht (Brombeeren, Schlehen, etc.) waren oder mit lichtem Eichenwald bewachsen waren. Unterhalb schließen sich besonnte, offenere Stellen an. Dies deckt sich auch mit meinen Erfahrungen von anderen Smaragdeidechsenhabitaten. Die Smaragdeidechse bevorzugt strukturreiche Habitate. Sie braucht zwar natürlich besonnte offene Stellen, jedoch muss immer in der Nähe ein Zufluchtsort, meist in Form von Gebüsch, Sträuchern in der Nähe sein. Die Art klettert auch gern in die Sträucher, um sich zu sonnen. Waldflächen werden nur an deren südexponierten Rändern besiedelt. Es sind also meist die Übergangsbereiche zwischen dichter höherer Vegetation und offenen Bodenstellen besiedelt. Offene, deckungsarme Wiesenflächen oder vegetationsarme Fels- oder Geröllflächen werden gemieden.

Unser Eindruck ist, dass die Art hier in einer geringen Populationsdichte vorkommt. Ich kenne andere Gebiete mit deutlich höheren Dichten. Es ist natürlich nur ein erster Eindruck und sollte weiter geprüft werden.

Es kann sein, dass sich einige Tiere aufgrund der Trockenheit und doch recht warmen Temperaturen vorwiegend im beschatteten Bereich der Brombeerdickichte und Schlehen aufgehalten haben (da hätte ich dann jedoch weitere verdächtige „Raschler“ erwartet und die gab es gestern nicht) oder bereits in Verstecke zurückgezogen haben. Die Aktivität der Tiere lässt an trockenheißen Tagen mit steigender Umgebungstemperatur weit vor der Mittagszeit drastisch nach.

Viele Bereiche sind aufgrund der dichten Vegetation oder wegen des stark abschüssigen Geländes nicht begehbar. Wir sind um den gesamten Steinbruch gegangen.

Brauchen wir Bilder der Smaragdeidechse? Da die von uns nachgewiesenen Individuen sehr scheu sind, wird das wohl eher schwierig, Bilder zu machen bzw. von Zeitaufwand und Glück abhängig sein.

Beste Grüße
Dragan


 

Westliche Smaragdeidechse

Vorkommen & Gefährdung in Rheinland-Pfalz

Wie alle heimischen Reptilienarten zählt auch die Westliche Smaragdeidechse zu den streng geschützten Arten. In Rheinland-Pfalz stellt sie die mit weitem Abstand seltenste Eidechsenart dar und gilt entsprechend der Roten Liste als vom Aussterben bedroht. Aktuell besiedelt sie inselartige Bereiche entlang des oberen Mittelrheins, der unteren Mosel und der Nahe. Am pfälzischen Haardtrand ist ihr früheres Vorkommen erloschen. Auch im deutschlandweiten Maßstab gilt die Westliche Smaragdeidechse als extrem selten und wird als stark gefährdete Art angesehen.

Mit der Östlichen Smaragdeidechse kommt in Deutschland eine weitere Art vor, die wie die Westliche Smaragdeidechse noch bis Ende des 20. Jahrhunderts als Unterart der Smaragdeidechse angesehen wurde. Durch genetische Untersuchungen und Kreuzungsversuche (RYKENA 1991) wurde jedoch der Status von zwei eigenständigen Arten nachgewiesen.

Die Westliche Smaragdeidechse: streng geschützt & farbenprächtig


Vorkommen der Smaragdeidechse sind insbesondere durch folgende Faktoren gefährdet:

  • Die zumeist isolierten und individuenarmen Populationen, die demzufolge einem hohen Aussterberisiko unterliegen.
  • Nachteilige Veränderungen und Verkleinerung ihres Lebensraums:
  • Negativ kann sich sowohl die Intensivierung der Bewirtschaftung bzw. Nutzung
  • Wie auch die Aufgabe der mit der Bewirtschaftung und Nutzung verbundenen Pflege als halboffene Landschaft auswirken.
  • Illegale Entnahmen (aus diesem Grund wird im vorliegenden Artikel der Name des Steinbruchs und seine Lage nicht genannt) aber auch illegale Aussetzungen.

Als Biotopstrukturen, die in Rheinland-Pfalz von Smaragdeidechsen bevorzugt besiedelt werden, hebt Twelbeck (1993) im Rahmen des Artenschutzprojektes „Smaragdeidechse“ hervor:

  • Böschungen z. B. an Bahnlinien
  • Wege und Pfade
  • Trockenmauer
  • Gebüsch
  • dichte krautige Vegetation
  • niedriges Brombeergestrüpp
  • offene oder schütter bewachsene, stark besonnte Bereiche (häufig nur kleinflächig)
  • ausreichend tiefgründiger, schwach bis stark steiniger Lehmboden und
  • anstehender Fels

Diese Zusammenstellung ist auch für das neu entdeckte Steinbruchvorkommen repräsentativ. Nur Bahnlinie und Trockenmauer sind hier als Struktur nicht nachweisbar. Die Böschungen am Steinbruchrand und die Versteckmöglichkeiten zwischen zahllosen Steinen sind offensichtlich ein ebenbürtiger Ersatz.

Wie wird das Vorkommen der Westlichen Smaragdeidechse in Verbindung mit dem Steinbruchbetrieb geschützt?

Die Naturschutzbehörde und örtlich engagierte Artkenner aus den Reihen der privaten Naturschutzverbände wurden unverzüglich über die Entdeckung des Steinbruchvorkommens der Westlichen Smaragdeidechse informiert. Der Vorkommensbereich wurde gemeinsam begangen und die weitere Vorgehensweise zum Schutz der Art ausführlich erörtert. Dabei wurde mit der Naturschutzbehörde einvernehmlich eine Schutzkonzeption abgestimmt, die auf folgenden Aspekten beruht:

  • Regelmäßige Dokumentation des Smaragdeidechsenvorkommens auf der Basis jährlich aktueller Erfassungen.
  • Smaragdeidechsenoptimierte Pflege der Biotopstrukturen im Vorkommensbereich und von weiteren Flächen im Umfeld, die zukünftig von der Smaragdeidechse besiedelt werden sollen, mit dem Ziel der Ausweitung und Vernetzung der für die Smaragdeidechse geeigneten Biotopstrukturen.
  • keine mit dem Steinbruch verbundenen Eingriff in von der Smaragdeidechse genutzten Flächen, bevor die Art in andere Bereiche umgezogen ist.

Seit der Entdeckung des Vorkommens im besonders heißen und trockenen Sommer 2018 wird der Status des Smaragdeidechsenvorkommens jährlich erfasst. Aktuell liegen Daten zur Detailverbreitung aus fünf Vegetationsperioden vor. Die Erfassungen belegen, dass durch eine gezielte Führung der Pflegemaßnahmen die Smaragdeidechse aus den abbaubedingt mit Risiken belegten Bereichen in andere Bereiche gelenkt werden kann.

Quellen

  • RYKENA, S. (1991)
  • TWELBECK, R. (1993)
  • Elisabeth Hatzenberger
  • Uli Klein

Der Autor

Andreas Ness
geb. 1962, Biologe

Studierte in Heidelberg Biologie und gründete 1989 das Institut für Umweltstudien – Weibel & Ness GmbH (IUS).

Landschaftsplanerische Fachplanungen zählen zu den Kernaufgaben des Unternehmens.

Seine thematischen Schwerpunkte liegen im Bereich Arten- und Naturschutz.

Der Autor

Dragan Hoffmann-Ogrizek
geb. 1976, Dipl.-Geogr.

Studierte Geographie an der Universität Mannheim.

Von Kindesbeinen an von der Natur fasziniert mit einem besonderen Interesse an der Herpetologie (Lehre von Reptilien und Amphibien).

Beruflich (Umweltplanung, IUS Weibel & Ness GmbH) und privat (Pollichia e. V.) seit vielen Jahren im Natur-/Umweltschutz tätig.

Mitarbeit beim Artenfinder Rheinland-Pfalz (Reptilien & Amphibien) sowie im Arbeitskreis Feldherpetologie der Pollichia e. V..