Etz

Weißer Granit – der Steinbruch Etz

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  • Schon nach wenigen Jahren ist jede nur mögliche Nische auch der Steilwand von Bäumen, Sträuchern und Kräutern erobert. (Foto: Ulrike Geise)
  • Der Steinbruch Etz wird auch heute noch dominiert von der durch den vergangenen Abbau entstandenen Granit-Steilwand. (Foto: Ulrike Geise)
  • Frühe Adonislibelle: eine Art, die schnell auch junge Gewässer findet. (Foto: akenzo.de)

Der Abbau des weißen Granits ist im südlichen Bayerischen Wald eine jahrhundertealte Tradition. Landwirte verbesserten so ihr Einkommen – ein willkommener und wichtiger Nebenerwerb. Im Laufe des letzten Jahrhunderts wurden der Abbau und der Vertrieb immer mehr professionalisiert – die Unternehmen wurden „Global Player“. Gerade der Granit um Hauzenberg war sehr beliebt, denn er zeichnete sich durch Feinkörnigkeit, Härte und gute Spaltbarkeit aus. Es entstand ein regelrechter Boom, nachdem Hauzenberg 1904 über die Eisenbahn an das überregionale Verkehrswegenetz angeschlossen war. Rund um Hauzenberg existierten mehr als 200 Steinbrüche. Bis zu 1.500 Menschen fanden Arbeit in den Brüchen und Steinmetzbetrieben.

Die Schönheit des Steines ist bis in die heutige Zeit anerkannt: Hauzenberger Granit wurde im Flughafen von München, in der Staatskanzlei in München, auf der Landesgartenschau in Ingolstadt und im Zuge der Stadtsanierung in Hersbruck verbaut. Der Steinbruch Etz wurde in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts eröffnet. Für die Gewinnung von Werkstein wurde der mittelkörnige, hellgraue Granit des Hauzenberger Granitmassivs II abgebaut. Das Granitmassiv ist gekennzeichnet durch eine charakteristische Anordnung von Trennflächen (Lager-, Längs- und Querklüfte), entlang der sich der Abbau orientierte. In den oberflächennahen Partien ist der Granit – bevorzugt an den Trennflächen – deutlicher verwittert, sodass sich der Abbau vor allem auf tiefer liegende Bereiche konzentrierte.

Zudem nimmt der Abstand der annähernd horizontal liegenden Lagerklüfte zur Tiefe hin zu, sodass nach unten immer größere Rohblöcke gewonnen werden konnten. Die Abbaurichtung in die Tiefe stand der fortschreitenden Technisierung in der Natursteinindustrie entgegen. Eine optimale produktive Gewinnung erforderte einen Abbau in der Horizontalen.

Die Werksteingewinnung in Etz erwies sich in diesem Hinblick als nicht mehr ausreichend wirtschaftlich, sodass der Betrieb seit Ende der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts ruht. Eine Nutzung erfolgt lediglich extensiv als Lager­fläche.Heute ist die eigentliche Abbaustelle ein tiefer Teich – Lebensraum für viele Fische und Libellen. Umgeben ist er von Steinwänden, die eine Vielfalt an Nischen für Pflanzen und Tiere bieten: Auf breiteren Gesteinsstufen kann sich im Laufe der Jahre Humus bilden –hier keimen Samen des angrenzenden Waldes. Schma­lere Stufen sind dagegen oft humusarm – hier können Kräuter und Gräser wachsen – auch nisten hier Turmfalken in einem naturnahen Habitat.

Gegenüber den sonnenexponierten und steil ins tiefe Wasser abfallenden Steilwänden befindet sich eine Flachwasserzone. Bäume strecken ihre Äste über das Wasser. Sie bieten ebenso wie die unter dem Wasser wachsenden Pflanzen Libellen, Amphibien und Jungfischen Versteck, aber auch Jagd­fläche.Der Abraum der eigentlichen Abbaustelle wurde von Beginn an in unmittelbarer Nachbarschaft abgelagert – es entstand eine viele Meter hohe Halde, die in ihren älteren Bereichen inzwischen bewaldet ist.

Der Ostteil wird noch als Lagerfläche genutzt. Hier hat sich infolge der Kombination aus Druckwasser, Schlemmmaterial und Bodenverdichtung eine Vielzahl an Pfützen und Tümpeln gebildet – Pionierlebensraum für speziell darauf angepasste Tierarten: Männchen der Frühen Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula) bewachen die Eiablage ihrer Weibchen. Plattbauchlibellen (Libellula depressa) sausen in schnellem Flug über das Wasser, immer auf der Suche nach einem paarungsbereiten Weibchen. Vorsichtig werden sie dabei von ihrer potenziellen Beute, der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans) beobachtet.

Die Gelbbauchunken

In warmen Sommernächten sind häufig klagende Rufe zu hören: Gelbbauchunken (Bombina variegata) rufen Artgenossen zu Balz- und Laichgewässern.

Auch tagsüber sind Gelbbauchunken häufig zu hören und zu beobachten: Junge und alte Unken treiben in ihrer typischen Haltung an der Wasseroberfläche; Männchen führen rituelle Schau- und Rufkämpfe durch.Gelbbauchunken laichen am liebsten in Pfützen, denn hier haben sie keine Konkurrenz und oft keine Feinde. Auf der anderen Seite trocknen Pfützen natürlich schnell aus, wenn sie nicht durch Sommergewitter wieder gefüllt werden.

Das Risiko eines kompletten Laichverlustes verringern die Weibchen dadurch, dass sie in einem Sommer mehrfach laichen und das oft in verschiedenen Pfützen. Manchmal legt ein Weibchen nur 15 Eier, manchmal 100 Eier –dies ist abhängig von der Eignung des Gewässers, aber natürlich auch von der Konstitution des Tieres. Die nebenstehende Zeichnung ist das Ergebniss einer wissenschaftlichen Untersuchung – eine solche hat im Steinbruch Etz nicht stattgefunden, aber es ist davon auszugehen, dass hier ähnliche Bedingungen herrschen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Tierarten, können es sich Unken leisten, gute Bedingungen auszuwählen. Die Tiere werden bis zu 30 Jahre alt, und wenn sie einmal das erste Jahr überlebt haben, ist ihr Hautsekret so gut entwickelt, dass sie kaum mehr Feinde haben (der gelbschwarze Bauch ist als Warnung zu verstehen!). So ist es auch nicht tragisch, wenn einmal ein trockenes Jahr jede Fortpflanzung verhindert. Die Unken bleiben zwar gerne in ihrer bekannten Umgebung, aber zur Not wandern sie in ein geeigneteres Gebiet – ein oder zwei Kilometer sind für die Tiere keine Entfernung.

Der ursprüngliche Lebensraum der Gelbbauchunken sind Flussauen. In den Randbereichen, die nur gelegentlich überschwemmt wurden und die fischfrei waren, fanden sie das Netz an Pfützen und kleinen Tümpeln, das sie für ihre Fortpflanzung benötigen. In Deutschland gibt es solche Auen heute nicht mehr und die Gelbbauchunken mussten sich neue Lebensräume suchen. Fischteiche oder auch Tümpel, wie sie oft aus Naturschutzgründen angelegt worden sind, genügen ihren Ansprüchen nicht, denn sie suchen Gewässer, die nicht größer als ein paar Quadratmeter sind – aber davon bitte mehrere, sodass sie zwischen den Pfützen wählen können, dass sich Männchen und Weibchen oder Jungtiere, wenn nötig, ausweichen können.

Steinbrüche und militärische Übungsplätze sind heute oft die einzigen Orte, an denen noch große Populationen vorkommen. Durch den laufenden Betrieb, also durch das Verdichten des Bodens durch schwere Maschinen und das dadurch immer wieder neue Entstehen von Pfützen, finden die Gelbbauchunken hier das Gewässernetz, das in unseren Flussauen verschwunden ist.

Gelbbauchunken gehören trotz ihrer vergleichsweise geringen Lebensraumansprüche zu den bedrohtesten Arten Europas. Gerade in Deutschland sind die Bestands­einbrüche fast überall dramatisch! Der Grund? Auch ihre Ausweichlebensräume, die extensiv genutzten Steinbrüche oder militärische Übungsplätze, werden immer seltener, denn durch Nutzungsaufgabe verschwindet das Kleingewässernetz, das die Tiere brauchen. Das Ausweichen in andere möglicherweise neu entstandene Flächen wird gleichzeitig aber immer schwieriger, denn jede Straße, Eisenbahnlinie oder jedes Baugebiet ist ein zusätzliches Wanderhindernis.Gelbbauchunken gehören so berechtigterweise zu den europaweit durch die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH) geschützten Arten: Die Bundesrepublik Deutschland ist danach verpflichtet dafür zu sorgen, dass sich der „Erhaltungszustand“ der Art nicht verschlechtert.

Dies soll über ein europaweites Netz an FFH-Schutzgebieten erfolgen, in denen Gelbbauch­unken in einem „guten“ oder „sehr guten“ Erhaltungszustand leben können. Der Steinbruch Etz ist Bestandteil dieses Netzes – zurzeit wird ein FFH-Managementplan speziell für den Erhalt der Gelbbauch­unkenpopulation des Steinbruches Etz erstellt. Die Umsetzung wird durch die Basalt AG unterstützt.

Die Autorin

Ulrike Geise

Dipl.-Biologin, Regional­beraterin, Geschäftsführung (Geise & Partner), 1957 in Ulm geboren, Kindheit und Jugend in Bayern und Nord­rhein-Westfalen, verheiratet, zwei Kinder, Biologiestudium in Würzburg und Albany/New York, Diplom (1985), Ausbildung zur Regionalberaterin (1995–1996)

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