Pellenz

Der Bienenfresser in einem Lavasandtagebau der Pellenz

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  • Während der Jagd und der Fütterung der Jungen werden gesellige Ruhephasen eingelegt (hier auf einem Ast oberhalb der „Haupt-Brutwand“). (Foto: Institut Dr. Kübler)
  • Ein Jungtier schaut aus der Brutröhre und wartet auf seine Fütterung (Foto: Institut Dr. Kübler)
  • Die Bienenfresser bevorzugen in den Steilwänden vor allem die sonnenbeschienenen, südexponierten Steilwände. (Foto: Institut Dr. Kübler)

Das vom Vulkanismus geprägte mittelrheinische Becken und der Lavasandtagebau.

Der Abbau von Vulkangesteinen jeglicher Art hat in der vom Vulkanismus geprägten Region der Pellenz lange Tradition. Die Pellenz zählt zum mittelrheinischen Becken und grenzt an die Vordereifel an. Hier wird auf einer Fläche von rd. 60 ha durch die Firma VELAG GmbH & Co. KG, einer Beteiligung der RPBL GmbH & Co. oHG, der mineralische Rohstoff Lava aus einem Vulkankegel gewonnen. Der bis zu 60 m tiefe Steinbruch ist geprägt durch offene Felswände; an einigen Stellen hat sich bereits Vegetation gebildet.

Der Steinbruch bietet vielen bedrohten Arten einen Lebensraum. Neben den wärmeliebenden Bienenfressern fühlen sich viele weitere Tierarten, wie beispielsweise der Uhu, hier heimisch. Die sandigen Rohbodenflächen an den Rändern dienen als Lebensraum für Pflanzenarten wie Golddistel, Gewöhnlicher Natternkopf, Johanniskraut und Oregano. Ihre Blüten liefern Nahrung für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Insekten. Auch eine größere, nach Nahrung suchende Muffelwild-Herde wird gelegentlich in den Randböschungen beobachtet. Der Nordteil bildet eine Teilfläche des Vogelschutzgebietes „Unteres Mittelrheingebiet“

In der Brutsaison des Bienenfressers (Merops apiaster)

Der etwa drosselgroße (25 bis 29 cm) und farbenprächtige Bienenfresser (Merops apiaster) gehört zur Familie der Spinte (Meropidae), welche wiederum der Ordnung der Rackenvögel (Coraciiformes) untersteht. Als guter Flieger und geschickter Insektenjäger ist er mit einer Flügelspannweite von 36 bis 40 cm sogar in der Lage Großlibellen zu erbeuten. Im Flug tritt mit den bis zu 3 cm langen Schwanzspießen ein weiteres Bestimmungsmerkmal des exotisch anmutenden Vogels zu Tage. Geschlechtsdiphormismus liegt bei dieser Art nicht vor, dies bedeutet, es sind keine äußerlichen Unterscheidungsmerkmale zwischen weiblichen und männlichen Bienenfressern erkennbar.

Der Bienenfresser ist ein Zugvogel und tritt während der Brutsaison in Deutschland auf. Die ersten Vertreter dieser streng geschützten Vogelart erreichen Ende April bis Mitte Mai ihr angestammtes Brutgebiet und beginnen mit dem Anlegen von Brutröhren. Dazu werden Röhren von etwa 1,00 m bis 1,60 m Länge und einem Durchmesser von circa 6 bis 9 cm in sandigen, lößigen oder lehmigen Abbruchkanten angelegt. Am Ende der mittels Schnabel und Krallen fertiggestellten Brutröhre wird diese um eine 8 bis 15 cm hohe, 15 bis 20 cm breite und 25 bis 30 cm lange Nestkammer erweitert (GLUTZ V. BLOTZHEIM, 2001). Bei der Standortwahl bevorzugen die Tiere standfeste, sonnenbeschienene, südexponierte Wände, deren Höhe ausreichend Schutz vor Räubern wie Füchsen oder Mardern bietet.

Nach dem Anlegen der Brutröhren beginnt in der ersten Junihälfte die Eiablage mit anschließender Bebrütungsphase. Nach 22 bis 25 Tagen Brutzeit und einer Nestlingszeit von weiteren 31-33 Tagen kommt es Ende Juli zum Ausflug der Jungen. Danach streifen Jung- und Altvögel noch in der Umgebung umher und legen ein Fettdepot für den Flug in die afrikanischen Wintergebiete an (BASTIAN ET AL., 2013). In der zweiten Augusthälfte begibt sich die gesamte Kolonie geschlossen auf den Zug in die Überwinterungsgebiete.

Der Bienenfresser ist ein sehr geselliger Vogel. Er bildet Brutkolonien und legt seine Brutröhren in geringem Abstand zueinander in der gleichen Wand an. Vereinzelt kommt es zu Fütterungsaktivitäten an fremden Gelegen. Während der Nacht sucht die gesamte Kolonie einen im Umkreis von wenigen Kilometern gelegenen Schlafbaum auf, wo ausgiebige Sozialkontakte gepflegt werden.

Die nördliche Verbreitungsgrenze des Bienenfressers schwankte im Laufe der Zeit in Folge von wechselnden Wärme- und Kälteperioden immer wieder zwischen Nordsee und Alpenraum. Nach dem Erlöschen beinahe aller deutschen Brutkolonien in den 1960er Jahren ist seit Anfang des 21. Jahrhunderts mit zunehmendem Klimawandel eine schrittweise Wiederbesiedelung des Landes aus den Rückzugsgebieten in Süd- und Südosteuropa zu beobachten. Auch in Rheinland-Pfalz wächst die Zahl der Brutpaare und der besiedelten Areale von Jahr zu Jahr (mündl. Mitteilung Jörn Weiß, AK Bienenfresser).

So konnte im mittelrheinischen Becken im Jahr 2008 der erste Brutnachweis erbracht werden. Seither ist die Zahl auf mindestens acht Brutpaare im Jahr 2012 und 14 Brutpaare im Jahr 2014 angestiegen. Weitere Vorkommen des Bienenfressers sind in der Vorderpfalz und in Rheinhessen zu verzeichnen, wo er vor allem Sandabbaugruben bewohnt. Inzwischen wurden in Rheinland-Pfalz über 170 Brutpaare gezählt. Die höchste Brutdichte nördlich der Alpen erreicht der Bienenfresser in den großen Braunkohle-Tagebaugruben im Kreis Saale, Sachsen-Anhalt.

Die Brutkolonie im Steinbruch

Der Steinbruch bietet dem Bienenfresser ideale Lebensbedingungen. Zum Teil weisen die angegrabenen Steilwände über dem abbauwürdigen Material eine meterdicke Löß-Lehm-Sandschicht auf, die sich sehr gut für das Anlegen von Brutröhren eignet. Die Bienenfresser finden durch Probegrabungen die günstigen Schichten, die einerseits standsicher genug sind und andererseits keine größeren Steine enthalten, die das Graben behindern. Vor Räubern sind die Röhreneingänge hier ebenfalls geschützt. 

 Daneben blühen an den Randflächen und Bö­schungen der großen Grube Wildpflanzen, die Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten anlocken, von denen sich wiederum der Bienenfresser ernährt. Weitere Jagdgebiete befinden sich außerdem in der Umgebung auf blütenreichen Wiesen, in benachbarten aufgelassenen Abbau- und Tongruben und an Böschungen aus dem Bimsabbau.

Für eine Erweiterung der Abbaufläche wurde 2011 von der Naturschutzbehörde eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt mit der Auflage eines Monitorings bezüglich der Auswirkungen auf die Brutkolonie. Im Folgenden werden die Ergebnisse des Monitorings dargestellt, welches 2012 und 2014 durchgeführt wurde. Für den Fall, dass es wider Erwarten dadurch Probleme für die Brutkolonie gegeben hätte, wurden bereits 2011 Maßnahmen angedacht, welche die Brutkolonie stützen könnten. Dies war aber bisher nicht notwendig, da sich die Bienenfresser an die Dynamik des Gewinnungsbetriebes flexibel angepasst haben.

In der Brutsaison 2014 verteilten sich die Bienenfresser über mehrere Wandabschnitte. Von bis zu 19 Alttieren wurden Brutröhren in der sogenannten neuen, ostexponierten „Hauptbrutwand“ angeflogen. Diese wies noch aus den Vorjahren etwa 60 Röhren auf und es wurden noch weitere angelegt. Insgesamt konnten neun genutzte Brutröhren gezählt werden. Nicht mehr genutzte Röhren wurden von Feldsperlingen und Uferschwalben als „Nachmieter“ übernommen. Obwohl die Hauptbrutwand an aktuell abgegrabene Bereiche grenzt und der Betriebsweg unterhalb von Erdbaumaschinen befahren wurde, ließen sich die Bienenfresser weder beim Anlegen der Brutröhren noch während der anschließenden Brut stören. Eine weitere, als „Nebenwand“ bezeichnete südexponierte Steilwand beherbergte fünf genutzte Brutröhren. So ist von mindestens 14 Brutpaaren im Jahr 2014 auszugehen, was einen deutlichen Anstieg gegenüber den vier Brutpaaren im Jahr 2011 bedeutet.

Sichtungen von Bienenfresser-Paaren am südöstlichen Ende der sogenannten „Uhu-Brutwand“, also in direkter Nachbarschaft zum größten Brutvogel des Plaidter Hummerichs, sowie an einer kleinen, südexponierten Löß-Lehmwand im Osten der Grube zeigen, dass die Bienenfresser prüfen, ob sich auch andere Wände der Grube als Brutwand eignen. Dort waren jeweils Grablöcher zu sehen, welche aber nicht regelmäßig angeflogen wurden. So darf man also gespannt sein, welche Brutwände der Bienenfresser in den nächsten Jahren noch für sich entdeckt.

Für das Zusammenspiel von fortschreitendem Rohstoffabbau und der Bienenfresser-Population bedeutet das, dass sie weiterhin erfreulich gut vereinbar sind, worauf die wachsende Anzahl der Brutpaare hindeutet.

Die Autoren

Karin Kübler, Dr. rer. silv. 

studierte Forstwissenschaft in Freiburg mit dem Schwerpunkt Landespflege. Promotion zum Dr. rer. silv. an der LMU München. Leiterin des 1996 gegründeten Instituts für Umweltplanung Dr. Kübler GmbH, Rengsdorf bei Neuwied. Lehrbeauftragte an der Universität Koblenz-Landau, Fachbereich Bio-Geowissenschaften, Natur- und Landschaftsschutz. Mitgeschäftsführung der LSM Landschaftsservice Mittelrhein GmbH u. Co. KG.

Ulrich Rehberg, Dr. rer. nat. 

studierte Biologie und Geographie in Heidelberg. Promotion zum Dr. rer. nat. zum Thema „Integrativer Naturschutz im Raum Koblenz“. Seit 2003 Mitarbeiter im Institut für Umweltplanung Dr. Kübler GmbH, Rengsdorf bei Neuwied. Mitglied im Beirat für Naturschutz bei der Oberen Naturschutzbehörde, SGD Nord, Rheinland-Pfalz. Projektbezogene Aufenthalte in Ruanda und Madagaskar über den Verein zur Förderung des Ökologischen Landbaus in den Tropen e.V., Heidelberg.

Florian Benninghoff, Diplom-Geograph

studierte Geographie in Mainz mit dem Schwerpunkt Dendrochronologie. Diplom-Arbeit zum Thema „Water access and pine delta 13C isotopes, N-Sweden“. Seit 2013 Mitarbeiter im Institut für Umweltplanung Dr. Kübler GmbH.

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Weitere Informationen

Weitere Informationen finden Sie hier:  www.bienenfresser-rlp.de