Reussen

Renaturierung des Altstandortes einer Asphaltmischanlage in der Gemarkung REUSSEN

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  • Nach dem Rückbau der Asphaltmischanlage im Jahr 2014 musste die Platzbefestigung mit Betonteilen, Asphaltdecke und Garagentrakt entfernt werden. Im Bildhintergrund ist die Zufahrt zum Platzgelände zu sehen. (Foto: DEUTAG Ost)
  • Das Untersuchungsgebiet befindet sich in der Landschaftseinheit „Hallesches Ackerland“, welches von Porphyrkuppen durchsetzt ist. Hierbei handelt es sich um eine flachwellige Agrarlandschaft. Sommer 2016 – das renaturierte Areal wird nunmehr landwirtschaftlich genutzt (Foto: DEUTAG Ost)

Das Gebiet geografisch betrachtet

Ausgangssituation: Am Standort Reußen, im Land Sachsen-Anhalt, wurde auf einer Fläche ehemaliger landwirtschaftlicher Futtersilos zu Beginn der neunziger Jahre eine Asphaltmischanlage errichtet, welche mit den dazugehörigen Sickersaftgruben in der Datei schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten (DSBA) des Saalekreises als Altlastverdachtsfläche erfasst war.

Geologische Entstehung und Boden: Im Bereich der Liegenschaft sind durch die rege vulkanische Aktivität im Oberkarbon bis ins Rotliegende große magmatische Körper bis in eine der damaligen Erdoberfläche nahe Position aufgedrungen. Einer dieser Intrusivkörper bildet den sogenannten Landsberger Porphyr, ein grobporphyrischer Rhyolith. Dieses der Verwitterung gegenüber widerstandsfähige magmatische Gestein bildet markante Geländeerhebungen westlich von Landsberg. Die Porphyrkuppenlandschaft östlich von Halle gehört bodengeografisch zur Zörbig-Landsberger Löss-Ebene.

Hydrogeologie: Der Grundwasserflurabstand auf diesem Gelände variiert zwischen 1,50 bis 4,30 m. Die Grundwasserfließrichtung ist nach Nordwesten gerichtet.

Schutzgebiete: Nördlich der zu untersuchenden Fläche befindet sich in ca.?1?km Entfernung das Landschaftsschutzgebiet „Porphyrkuppenlandschaft bei Landsberg“, welches auch das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Porphyrkuppen westlich Landsberg“ erfasst. Etwa 1 km westlich des Standortes beginnt das Wasserschutzgebiet Hohenthurm 2.

Zielstellung des Projektes. Das Mischplatzgelände sollte mit den Lagerboxen und Siloanlagen aus der ehemaligen landwirtschaftlichen Nutzung vollständig beräumt werden. Dabei war der abgeleitete Altlastenverdacht aus der historischen Nutzung zu überprüfen. Es galt anhand der Untersuchungsergebnisse Gefährdungspotenziale zu erkennen sowie daraus Handlungsempfehlungen für die weitere Vorgehensweise abzuleiten. In Abstimmung mit dem Umweltamt des Landkreises Saalekreis waren die Untersuchungen derart zu gestalten, dass eine Entlassung aus dem Altlastenkataster?(DSBA) möglich ist, sofern der Altlastenverdacht nicht bestätigt wird.

Schritte zur Umsetzung. Anlagenrückbau. Ende 2014 wurde die gesamte Anlagentechnik, die Nebenanlagen und sonstige Betriebseinrichtungen über die Firma GP Günter Papenburg AG zurückgebaut. Alle Arbeiten wurden durch die zuständige Untere Abfall- und Bodenschutzbehörde sowie die Immissionsschutzbehörde begleitet. Großer Wert wurde dabei immer auf die Nachweisführung der Entsorgungswege und die Abstimmung mit der Umweltbehörde gelegt.

Untersuchung des Altlastenverdachtes: Die Ingeni­eurgesellschaft Mull und Partner mbH (M&P) erhielt den Auftrag, den Altlastenverdacht mit Sichtung der vorhandenen Bestandsunterlagen zu untersuchen. Damit verbunden war eine Grundlagenermittlung, untersetzt mit Altunterlagen des zuständigen Umweltamtes. Darin wurde u.?a. vermerkt, dass im Bereich der Sickergruben mit auslaufendem Sickerwasser zu rechnen sei. Gleichwohl könne durch die Düngerlagerung eine Bodenbelastung vorliegen.

Gemeinsame Abstimmungen: Im Rahmen der Projektarbeit mussten unter Leitung der DEUTAG mit allen Beteiligten – Baufirma, Ingenieurbüro und Behörden – gemeinsame Abstimmungen getroffen werden, um zu einer einheitlichen Bewertung und zu einer tragfähigen Lösung zu kommen. Dem vorgeschlagenen Untersuchungsumfang zum Erlangen der Befreiung vom Altlastenverdacht wurde schließlich behördlich zugestimmt. Dabei wurde eine Einschätzung abverlangt, wie die Flächen zukünftig genutzt werden sollen. Bei einer geplanten ackerbaulichen Nutzung müssen alle versiegelten Flächen vollständig zurückgebaut werden.

Mit dem Umweltamt — Sachgebiet Abfall und Bodenschutz — des Landkreises Saalekreis wurde eine gesonderte Vor-Ort-Begehung durchgeführt. Dabei wurde der Auftrag erteilt, sowohl für den lagernden Beton und die Asphaltrückstände als auch für den noch anfallenden Bauschutt, vor deren Verwertung oder Beseitigung, Deklarationsanalysen zu erstellen und der Unteren Bodenschutzbehörde vorzulegen.

Das Material des Rückbaus lagerte separiert in vier Haufwerken auf dem Platzgelände. Darüber hinaus wurde Bodenaushubmaterial von den ehemaligen Standorten der Tanks und der Trafostation sowie des Ölabscheiders abgelagert. Weiterhin sollten die Sickerwassergruben einer Sohlbeprobung unterzogen werden. Zusätzlich waren Bodenuntersuchungen auf der Entsiegelungsfläche der Siloboxen durchzuführen. Hierzu wurden aus den genannten Haufwerken Mischproben entnommen.

Abfallrechtliche Bewertung: Bei dem Haufwerk A handelt es sich um Asphalt der Platzbefestigung, welcher einer Wiederverwendung zugeführt werden soll. Es erfolgten daher Analysen entsprechend der „Richtlinie für die umweltverträgliche Verwertung von Ausbaustoffen mit teer-/pechtypischen Bestandteilen sowie für die Verwendung von Ausbauasphalt im Straßenbau“ (RuVA-StB 01). Aus der Tabelle 1 wird ersichtlich, dass das Material des Haufwerkes?A im Bereich des Straßenbaus im Land Sachsen-Anhalt für die Wiederverwendung in Kaltverarbeitung ohne Bindemittel unter wasserdurchlässiger Schicht zugelassen ist und somit einer Wiederverwendung unter den benannten Bedingungen zugeführt werden kann.

Bei den Haufwerken B, C und D handelt es sich um folgende Materialien:

Haufwerk B: Bauschutt, Beton der Siloboxenwände
Haufwerk C: Bauschutt, Betonfundamente der ehemaligen Asphaltmischanlage
Haufwerk D: Asphaltdecke der Siloboxen

Die Analyseergebnisse dazu sind den Grenzwerten gemäß Länderarbeitsgemeinschaft Abfall LAGA M 20 (Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen und Abfällen) zugeordnet und die Haufwerke fachgerecht entsorgt worden. Aus der Zusammenstellung der Analyseergebnisse der beiden anderen Bodenhaufwerke E und F geht hervor, dass weder aus dem erhöhten TOC-Gehalt noch aus den im Eluat ermittelten Werten der Parameter [elektrische Leitfähigkeit und Sulfat] eine Gefährdung der Umwelt resultiert. Somit wurde der Verbleib des Bodens auf der Platzfläche durch die Bodenschutzbehörde bestätigt.

Bodenschutzrechtliche Bewertung

Im Rahmen der Untersuchungen wurden für die bodenschutzrechtliche Bewertung der Gefährdung der Schutzgüter Mensch, Nutzpflanze und Grundwasser folgende Beprobungen durchgeführt:

• Entsiegelungsfläche
• Sohlbeprobung an den Standorten Trafo, Tank und Ölabscheider
• Sickerwassergruben

Die zusammengefassten Schadstoffgehalte zeigten nach den Prüfwerten der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) keine Auffälligkeiten. Aufgrund der am Standort durchgeführten Boden- und Wasserbeprobungen sowie der Ergebnisse der entsprechenden Laboranalysen konnte nachgewiesen werden, dass am Standort keine schädliche Bodenveränderung vorliegt und für die relevanten Schutzgüter keine Gefährdung von diesem Standort ausgeht. Die Deklarationsanalytik der abgelagerten Recyclinghaufwerke sowie des ausgehobenen Bodens wurde dem Umweltamt zur Prüfung der Entsorgungs- und Verwertungswege vorgelegt. Die Deklaration und die Entsorgungswege der rückgebauten Betonmassen wurden vom Anlagenbetreiber dem Umweltamt übergeben. Die Beprobung des Bodenaushubes aus den Bereichen der Trafostation, des Ölabscheiders und der Tanks wiesen erhöhte Kupfergehalte auf, die aufgrund eines geringen Elutionsverhaltens nur einen Bodeneinbau unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht erlaubten. 

Die entsiegelte Fläche im Nordwest-Bereich wurde anhand von mehreren Bodenmischproben aus unterschiedlichen Teufenhorizonten untersucht. Mit den Ergebnissen konnte der Nachweis erbracht werden, dass von der Fläche keine Gefährdungen über die Wirkungspfade Boden?–?Mensch, Boden?–?Nutzpflanze und Boden?–?Grundwasser auf die Umweltschutzgüter ausgehen. In diesem Zusammenhang wurden durch das Umweltamt nach dem Rückbau der drei Silogruben in der Baugrube organoleptisch keine Auffälligkeiten festgestellt. Die Dichtheit der Gruben konnte bereits durch angesammeltes Oberflächenwasser belegt werden. Zur Profilierung des Geländes wurde standorteigenes Material verwandt, welches vor Errichtung der Anlage als Oberboden von der Fläche zu Randwällen zusammengeschoben worden war.

Ergebnisse

Zusammenfassend konnte im Rahmen mehrerer Standortbefahrungen im Frühjahr 2015 durch die Untere Abfall- und Bodenschutzbehörde und die Immissionsschutzbehörde festgestellt werden, dass die gesamte Liegenschaft vollständig zurückgebaut und beräumt wurde.

Durch die erfolgte Analytik wurde nachgewiesen, dass vom Standort keine Umweltbeeinträchtigungen auf die verschiedenen Schutzgüter ausgehen. Eine Umnutzung der Fläche sei auch zu sensiblen Zwecken wie dem Ackerbau möglich. Durch Versiegelung waren ehemals die natürlichen Bodenfunktionen vollständig verloren gegangen. Gemäß?§?4?Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) konnten wir als Grundstückseigentümer durch die erfolgte Entsiegelung des Grundstückes den Boden in seiner Leistungsfähigkeit wiederherstellen. Die natürlichen Funktionen des Bodens als Wasser- und Nährstoffspeicher, als Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Bodenorganismen kommen nunmehr wieder zur Geltung. Abschließend wurde durch die zuständige Bodenschutzbehörde schriftlich bestätigt, dass der Altlastenverdacht für dieses Grundstück ausgeräumt und die Fläche in der Datei schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten aus dem aktiven in den archivierten Datenbestand überführt wurde.

Fazit

Die Zielstellung des Projektes konnte im Team aller Beteiligten erfolgreich zur grundlegenden Renaturierung des Mischplatzstandortes erreicht werden. Damit wurden alle gesetzlichen Anforderungen und Auflagen erfüllt. Die Liegenschaft ist als ehemalige Gewerbefläche der Natur wieder zurückgegeben worden. Das Grundstück ist inzwischen an einen bäuerlichen Betrieb verkauft und wird aktuell landwirtschaftlich nachgenutzt. 

Der Autor

Klaus Stiller 

geboren 1947 in Rudolstadt, Studienabschluss Diplom-Ingenieur Maschinenbau 1972 (Dresden), mehrere leitende Funktionen, NMW-NL Schirm-BAW, DEUTAG NL Ost Berlin als Technischer Leiter, seit 2014 Projektmanagement BAG für Anlagentechnik und Standortentwicklung, thematische Schwerpunkte sind Auf- und Umbau von Asphaltmischanlagen, Bearbeitung von umweltrelevanten Grundstücksangelegenheiten.

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